Das Gedenken an Todesopfer rechter Gewalt gleicht einer Mahnung an zivilgesellschaftlich und politisch Aktive – lasst uns nicht nur erinnernd auf die Vergangenheit blicken, sondern auch mahnend in die Gegenwart, in welcher rechte Gewalt noch immer alltäglich ist. Lasst uns Menschen auch nach ihrem Tod würdevoll gedenken und dabei nicht auf den Staat vertrauen – denn keines der drei Todesopfer rechter Gewalt in Märkisch-Oderland ist staatlich anerkannt. Neben Phan Văn Toàn und Ronald Masch wurde Hans-Georg Jakobson Opfer neonazistischer Gewalt und Vormachtsansprüchen. Jakobson wurde am 28.Juli 1993 von drei Neonazis in der S-Bahn überfallen und da sie bei dem mutmaßlich wohnungslosen Jakobson kein Geld finden konnten, zuerst verprügelt und dann aus der fahrenden Bahn geworfen. Jakobson verstarb wenig später an seinen schweren Verletzungen.
Todesopfern rechter Gewalt würdevoll zu gedenken bedeutet, sie als Menschen mit Geschichte, als Freund*innen, als Geschwister in den Mittelpunkt zu rücken, und nicht allein als Opfer neonazistischer Gewalt mit einem Blick auf rechte Täter. Wenig ist über Hans-Georg Jakobson bekannt, doch über 60 Personen nahmen an der Gedenkkundgebung für ihn teil. Diese wurde organisiert durch die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt MOL, die S5-Antifa, die Antifa Strausberg sowie VVN-BdA Märkisch-Oderland. Die Redebeiträge verschiedener Initiativen und Gruppen widmeten sich der Gefahr junger Neonazis von heute, der Abwertung von armen Menschen und Ungleichwertigkeitsvorstellung, dem Stigma „asozial“ und der noch immer andauernde Kampf für Anerkennung für Menschen, die durch dieses Stigma im Nationalsozialismus verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden. Weitere Redebeiträge verwiesen auf die Wichtigkeit, dauerhafte Gedenkorte für die Todesopfer rechter Gewalt einzurichten. Dafür setzt sich auch die Gedenkinitaitive für Phan Văn Toàn ein, die in ihrem Redebeitrag daran appellierten, das Gedenken an Verstorbende sichtbar zu gestalten.
Nach der Gedenkkundgebung am Bahnhofsvorplatz nahmen 25 Personen abends im Horte Strausberg an einer Gesprächsrunde mit unterschiedlichen Generationen linker Aktivist*innen teil, die auf Organisierung jenseits rechter Gewalt in den 90er und 2000er Jahren blickten. Der intergenerationale Austausch bot spannende Perspektiven auf die Notwendigkeit antifaschistischer und antirassistischer Kämpfe heute.